05.02.2020

No. 90

Tanz um den goldenen Skalp und Eselei in Iowa

Start-Schusselei im US-Wahljahr

Amerika im falschen Film? Donald Trump spielt „Impeach me if you can“, während die Republikaner im Kongress diesen Film bevorzugen: „Ich will nicht wissen, was du letzten Sommer getan hast“. Die Demokraten in Iowa singen eher: „Wer hat die Caucus-Nuss geklaut?“

Autor: Tilman Lucke

 

 

Iowa war für die US-Demokraten kein gutes Omen – obwohl die Staatsabkürzung IA durchaus zu ihrem Wappentier passt. Heraus kam eine beispiellose Eselei, weil sich die Wahlsoftware beim Caucus einen blauen Montag machte. Gewonnen hat zwar Pete Buttigieg, der die anderen Bewerber so alt aussehen ließ, wie sie leider sind. Aber bis zum Abend des Folgetages stand kein Sieger fest. Das beantwortet wohl auch die Frage, wen die Partei als Präsidentschaftskandidaten aufstellen sollte: keinen.

Falls Cola, Cholerik und Cholesterin nicht das Ihre tun und der Commander in cheat nicht bis November Bekanntschaft mit der amerikanischen Lebenserwartung macht, sieht es nach dem überstandenen Impeachment ganz nach einer Wiederwahl aus. Donald Trump ist bei allem der Beste – auch wenn er nicht der erste, sondern bereits der vierte Präsident ist, der mit einem Impeachment zu tun hatte. Die Ehre eines Amtsenthebungsverfahrens drohte vor ihm nur den Präsidenten Nixon, Clinton und Johnson. Nein, nicht Boris Johnson ist gemeint, sondern Andrew Johnson.

Falls der Briten-Trump Boris Johnson und Trump irgendwann ihrer Ämter überdrüssig sein sollten, könnten einfach tauschen. Die Herkunft könnte passen: Johnson ist 1964 in New York geboren, darf also als gebürtiger Amerikaner Präsident werden. (Man will nicht wissen, welcher New Yorker Geschäftsmann da 1963 seine Finger im Spiel gehabt hatte. Nun ja, Finger waren es wohl nach Lage der Dinge eher nicht.) Und Trumps Familie stammt – wie die britische Königsfamilie – aus Deutschland und kann sich sogar noch besser danebenbenehmen als die Royals (inklusive Prinz Andrew).

Gegen seine drei Looser-Vorgänger war Donald Trump bei seiner Amtsenthebung klarer Sieger nach Punkten. Nach Anklagepunkten: Bei Richard Nixon waren es Wahlkampfmanipulation und deren Vertuschung, bei Bill Clinton Ehebruch und Lüge, und bei Andrew Johnson ging es um die Einsetzung eines zweifelhaften Ministers und um Unfähigkeit. Trump vereinigt also die besten Anklagepunkte in seiner Person!

Bei Trumps Impeachment, dem Tanz um den goldenen Skalp, ging es um die angeblichen Geschäfte des Sohnes des ehemaligen Vizepräsidenten Biden. Das wurde aber von Biden dementiert. Also, von einem der beiden. Trump soll am Telefon seinen ukrainischen Gegenpart Selenski gedrängt haben, gegen Bidens Sohn zu ermitteln. Daraus wird nun wohl nichts. Dem Präsidenten bliebe nun nur noch, seinen Freund Putin zu bitten, in der Ukraine einzumarschieren und dort weiter ermitteln zu lassen.

Geschichte wiederholt sich: Bill Clinton entschloss sich im Dezember 1998, zur Ablenkung von seinem Impeachment einfach Bagdad zu bombardieren. Hat geklappt, der böse Saddam dominierte die Nachrichten, und das Impeachment verlief im Wüstensand. Am 3. Januar 2020 bombardierte Trump mitten in seinem eigenen Amtsenthebungsverfahren seinerseits Iran – und zwar in welcher Stadt? Bagdad! Typisch trumpsche Geografiekenntnis oder historisch-periodische Präzision? Statt Trump wurde jedenfalls nur der General des Amtes enthoben, den iranische Gondolieri so gern besangen („O Soleimani!“). Die Iran-Krise entschärfte sich indes bereits nach fünf Tagen, als Iran beschloss, zwar etwas abzuschießen, aber erst mal nur über dem eigenen Luftraum.

Ein anderer Präsident, George Bush, spielte wie Trump sehr gern Golf. 2002 meinte er nach einem Terroranschlag: „Ich rufe alle Nationen auf, den Terror zu bekämpfen. Und nun sehen Sie sich diesen Schlag an!“ Beide spielen nicht nur Golf, sondern auch am Golf. Wobei Bush junior nur mit dem Irak spielte, das war Minigolf. Iran könnte Trumps Hole-in-one werden – und danach herrscht Kraterstimmung.

Das Impeachment ist indessen gescheitert, da im Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig war. Dort haben aber die Republikaner die Mehrheit. Ihr Urteil steht fest: „Ich will nicht wissen, was du letzten Sommer getan hast.“ Die Mehrheit haben sie, obwohl sie bei den zurückliegenden Senatswahlen lediglich 44 Prozent der Stimmen bekommen hatten, im Vergleich zu 55 Prozent für die Demokraten. Das Repräsentantenhaus wurde 2018 von den Demokraten erobert. Das bedeutet, Trumps Republikaner bekamen weder in einer der beiden Parlamentskammern noch bei der letzten Präsidentschaftswahl die Mehrheit der Wählerstimmen – und trotzdem regieren sie einfach so weiter!

Der SPD gefällt das.

 

 


Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Politcomedy-Late-Night" und in seinen Soloprogrammen  "Verdummungsverbot" und "Lucking zurück".